Ostumfahrungen

Neue Wege für den Brennernordzulauf?

München gilt als der südliche Anlaufpunkt für Güterzüge aus Italien, Österreich und den Strecken der Balkanrouten. Die Relation Rosenheim – München ist Teil des Brennernordzulaufs und gehört zur Magistrale zwischen Mittelmeer und Nordsee. Nach Fertigstellung des Brennertunnels werden noch Jahre vergehen, ehe der Flaschenhals zwischen der deutschen Grenze und München beseitigt sein wird.

>> Projektüberblick – Bahnprojekt Brenner-Nordzulauf

Für das Inntal zwischen Kufstein und Rosenheim hat nach jahrelangem Stillstand zuletzt immerhin der Planungsprozess Fahrt aufgenommen. Doch der Bürgerprotest im Oberland hält an. Im Oberland hält man einen Bahnausbau für überflüssig. Doch welchen Weg die bald bis mehr als 700 Meter langen Güterzüge von Rosenheim weiter nehmen sollen, falls München umfahren werden soll, bleibt weiter offen.

1) GRÜN – München – Rosenheim

In der öffentlichen Diskussion wird immer von der Streckenführung vom Brenner durch das Inntal, weiter über Kufstein und Rosenheim nach München gesprochen. Der Güterverkehr würde in München über Trudering und Daglfing zum Nordring geführt werden.

In der folgenden Karte unter Nr. 1 die grüne Route.
Daneben finden Sie weitere Linien unter Nr.
2 (orange) die Ausbaustrecke München – Mühldorf – Salzburg
3 (rot) die Strecke Rosenheim – Mühldorf – Regensburg
4 (gelb) die Überbauung des Autobahnrings A99


Abb. Kursbuchkarte

2) ORANGE – München – Mühldorf – Freilassing

Diese Verbindung soll die bestehende Bahnstrecke ertüchtigen, dass Züge von Salzburg nach München nicht mehr ausschließlich über Rosenheim fahren müssen. Die Planungen werden bei der DB unter Ausbaustrecke 38 zusammengefasst, die ein ganzes Bündel aufeinander abgestimmter Teilprojekte enthalten, die sich vom Großraum München über den Südosten Bayerns bis zur deutsch-österreichischen Grenzregion erstrecken. Auf einer Länge von 145 Kilometern wird die Strecke durchgehend elektrifiziert und in weiten Teilen zweigleisig ausgebaut.

Der Güterverkehr würde in München über Riem nach Daglfing und weiter zum Nordring geführt werden. Um das möglich zu machen, muss die Daglfinger Kurve von Riem her neu gebaut werden. Näheres zur Route finden Sie hier: >> abs38.de

Als Ostumfahrung könnte die Strecke in Frage kommen, wenn Züge von Salzburg weiter über Landshut nach Regensburg geführt werden würden – oder die DB die Strecke von Rosenheim über Wasserburg ausbaut.

3) ROT – Rosenheim – Mühldorf – Regensburg

Die Deutsche Bahn prüft auch, München links liegen zu lassen und die Züge über Landshut und Regensburg nach Norden führen. Dies würde zwischen Rosenheim, Wasserburg, Freilassing und Mühldorf einen Trassenausbau im großen Stil nötig machen. Schwere Güterzüge können über die 1876 eröffnete Bahnstrecke Rosenheim, Wasserburg, Mühldorf nicht fahren. Auf der 61 km langen, eingleisigen, nicht elektrifizierten Bahnstrecke verkehren Güterzüge seit Jahrzehnten nicht mehr.

Im Bundesverkehrswegeplan 2030 wird die ABS Regensburg – Landshut – Mühldorf – Rosenheim aufgeführt; näheres im >> Bundesverkehrswegeplan 2030 – Projekt 2-039-V01

Die DB meint dazu: „Von den Güterverkehren in Richtung Brenner ist nur ein Teil München und dessen Umland bestimmt, während der andere Teil München großräumig umfahren könnte. Dies kann derzeit aufgrund der fehlenden Elektrifizierung und mangelnder Streckenkapazitäten nicht über Landshut und Mühldorf erfolgen. Entsprechend wird die Verkehrslast im Bezugsfall 2030 von der Bestandsstrecke München – Rosenheim – Kufstein getragen, welche dadurch überlastet ist. Durch den Ausbau und die Elektrifizierung zwischen Regensburg, Landshut, Mühldorf und Rosenheim soll der Knoten München vom Schienengüterverkehr entlastet werden. Gleichzeitig wird der Knoten Mühldorf besser in das Schienennetz eingebunden und es lassen sich verbesserte Nahverkehrsverbindungen in Richtung Landshut und Rosenheim einrichten.“

Die alte Bundesregierung hält die Elektrifizierung der Bahnstrecke Rosenheim – Mühldorf mittelfristig für „nicht erforderlich“. Im Zuge der Bewertung der Ausbaustrecke Regensburg–Mühldorf–Rosenheim sei nicht genügend Nachfrage festgestellt worden, um die hohen Kosten einer Streckenführung des Schienengüterverkehrs am Knoten München und den dort befindlichen Güterverkehrsanlagen vorbei zu rechtfertigen, antwortet die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag: „Eine verkürzte Streckenführung bis Mühldorf (Ausbaustrecke Regensburg – Landshut – Mühldorf) sei positiv bewertet und in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen worden, heißt es von der Regierung weiter. Auch diese Maßnahme diene der Entlastung des Knotens München, „da damit für Züge insbesondere aus München-Riem und dem Chemiedreieck eine neue Route in Richtung Norden eröffnet wird“.

4) GELB – Autobahnring A 99 München-Ost

Unter dem Titel “München und sein Brenner – Das Projekt Brenner-Nordzulauf” schreibt Dr. Georg Kronawitter in der Publikation >> STANDPUNKTE des Münchner Forums vom Mai 2021

Kronawitter ist Elektroingenieur, war Stadtrat von 2008 bis 2014 und ist Mitglied im Münchner Forum. Er konzentriert sich auf die Münchner Sicht, weil sich auch die Planungstätigkeit der DB AG auf die „Ertüchtigung“ des Bahnknotens München konzentriert und erwartbare Diskussionen in der Öffentlichkeit auslöst. Die Sinnhaftigkeit weiträumigerer Umfahrungen Münchens taucht zwar in Form von Placebo-Sätzen in städtischen Beschlussvorlagen auf, haben aber darüber hinaus keinen erkennbaren Stellenwert im Diskurs auf Landes- und Bundesebene.

Kronawitter meint ein Großteil der Güterzüge sind nicht für München bestimmt und durchqueren das Stadtgebiet nur, d.h. sie könnten München Stadtgebiet umfahren. Der BA15 (Trudering-Riem) schlägt eine Machbarkeitsprüfung für eine Führung einer Umgehungsgüterbahn in einer Trassenbündelung im Verlauf der A99-Ost vor. Die Güterzugleise sollten idealerweise in einem Trog auf Stelzen über der Autobahn geführt werden.

Mehr dazu in einem >> SZ Artikel vom 21. November 2019

Keine Zeit für Luftnummern!

Egal ob A99-Trasse oder der Ausbau der Relation Regensburg – Landshut – Mühldorf – Rosenheim; sie kommen um zehn oder 15 Jahre zu spät, der Bundesverkehrswegeplan sehe nun eben einen Ausbau innerhalb Münchens vor.
Auch wenn ein Großteil der Güterzüge nicht für München bestimmt sein sollten – eine Diskussion neuer Umfahrungsstrecken verzögern die Planungen und schaden nur der Realisierung optimaler Lösungen für das dicht bebaute Münchner Stadtgebiet.