Bahnverkehrsprognosen für den Knoten München

Gesetzliche Fortschreibung der Bedarfszahlen im Jahr 2021 für den BVWP 2035

Inhalt der Presseerklärung der Bürgerinitiative vom 2.11.2020

Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 wurde vom BVMI mit gutachterlicher Unterstützung erstellt und vom Bundeskabinett im August 2016 (also in den Sommerferien und damit wahrscheinlich vom Ferienkabinett) verabschiedet (BVWP, S. IV). Er beruht auf den Basiszahlen von 2010.

„Im Prognoseverfahren wurden dann die deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen in Form von Quelle-Ziel-Matrizen für den Güter- und Personenverkehr für das Basisjahr 2010 aufbereitet und für den Prognosehorizont 2030 abgeleitet. Hierbei wurden auch die relevanten Netzelemente der Nachbarstaaten Deutschlands berücksichtigt. Ebenso wurde der internationale Verkehr, insb. der Transitverkehr, einbezogen, soweit er für Deutschland relevant ist.“ (BVWP, S.54).

Trotz dieser Aussage und Behauptung steht inzwischen fest, dass der gesamte mit dem Brennerbasistunnel zusammenhängende und politisch gewollte zusätzliche europäische Güterverkehr bei der Prognose für den Brennerzulauf in München und für den gesamten Eisenbahnknoten München nicht berücksichtigt wurde.

Auftragnehmer für die Aufstellung des BVWP 2030, Teil Schiene, war die Intraplan Consult GmbH (www.Intraplan.de)  mit dem Projektpartner TTS, TRIMODE Transport Solutions GmbH, Freiburg.

Offensichtlich hat das BVMI damals nicht beauftragt, den international vertraglich vereinbarten und schon im Bau befindlichen Brennerbasistunnel in die Verkehrsprognose aufzunehmen.

Möglicherweise, weil es davon ausging (politisch ausgehen wollte), dass dieser bis zu dem Prognosehorizont 2030 noch nicht in Betrieb sein werde oder jedenfalls keine maßgeblichen Auswirkungen bis dahin haben würde.

Das legt ein Grundsatzproblem offen: es gibt Verkehrsinfrastrukturprojekte, die von so grundlegender Bedeutung sind, dass sie eines längeren Planungshorizontes und weitergehender politischer Entscheidungen bedürfen. Das gilt wesentlich auch, wenn dahinter internationale Projekte wie „Transeuropäische Verkehrsnetze“ (TEN-V) und zwischenstaatliche Verträge wie beim Brennerbasistunnel stehen. Der BVWP 2030 tut so, als gäbe es diese Ebene und Dimension nicht. Sein Planungshorizont ist und blieb trotz vermeintlich anderer Angaben:  das Jahr 2030.

Es gibt offenbar keine institutionelle Absicherung, ein derartiges politisches Verwaltungs- bzw. Regierungsvorgehen transparent werden zu lassen. Die Ausbauplanungen der Bahn für München laufen also alle auf einer heute allen Beteiligten bewussten und damit vorsätzlich falschen Zahlenbasis. Das hat zum finanziellen Vorteil von Bund und Bahn zur Folge, dass die gesetzlichen Ausbaustandards wesentlich niedriger sind.

Und es hat für die betroffenen Bürger zur Folge, daß bei späterer höherer Auslastung der Strecken ohne weiteren Ausbau sich die Bahn auf Bestandsschutz wird berufen können, obwohl die Lärm- und sonstigen Auswirkungen fundamental andere sein werden.

Politisch anders sieht die Sache beim Brennerzulauf im Raum Rosenheim aus: Dort steht der BVMI vor dem absehbaren Problem, dass der zweigleisige Brennerzulauf ab und bis Kiefersfelden für den heute schon über 2030 hinaus zu erwartenden Schienengüterverkehr nicht ausreichen wird und die Österreicher Deutschland mit dem Abstellen von Zügen an der Grenze Schwierigkeiten wie schon beim LKW-Verkehr auf der Autobahn machen wollen und machen werden.

Deshalb hat schon im März 2017 der damalige Bundesverkehrsminister Dobrindt die TRIMODE-Studie zu Verkehrsentwicklungsszenarien 2050 auf dem Brenner-Nordzulauf auf den Weg gebracht. Allein der BVWP 2030 ohne die TRIMODE-Ergänzung 2050 reichte offenbar nicht für den durch die internationale Vertragslage erforderlichen Aus- und Neubau.

Es kommt eben nicht nur auf vorsichtige Prognosen an, sondern an Engstellen entscheidend auf die Streckenkapazität!

In München hat der BVMI diesen Druck nicht. Im Gegenteil: die Ausbaunotwendigkeiten sind auch ohne Brenner im Grunde unbestritten; also man hält die Kosten mittels alter Zahlen flach.

An dieser Stelle kommt allerdings die für alle 5 Jahre gesetzlich vorgeschriebene Fortschreibung der Bedarfszahlen des BVWP ins Spiel. Diese steht für 2021 an! Ihr kann sich auch das Ministerium nicht entziehen. Es kann allenfalls weiter versuchen zu tricksen. Dieses Mal sollten aber Bundeskabinett und Bundestag wachsam sein – und jedenfalls auch München!

Das BVMI wird sich auch bei der 2021-er Fortschreibung des BVWP 2030 gutachterlich unterstützen lassen (müssen). Welche Büros damit beauftragt worden sind, ist uns nicht bekannt. Es dürfte aber sicher sein, dass die Aufträge bereits erteilt worden sind.